Mellum, Sommer '17

Einen Monat habe ich auf Mellum verbracht, einer kleinen Insel im Niedersächsischen Wattenmeer. Sie wird betreut vom Verein Mellumrat e.V., für welchen ich auch schon auf Wangerooge gearbeitet habe.

Auf Mellum läuft das Leben anders. Hier gibt es zwar unbegrenzt Strom, jedoch kein fließendes Wasser. Ein Haus steht dort im eingedeichtem Bereich mit Vier Schlafzimmern, einer Küche und einem Vorratsraum. Spatanisches Leben inmitten totaler Natur. Mehr als 10.000 Vögel brüten dicht an dicht in den großen Salzwiesen außerhalb des Deiches. Innerhalb stehen einige Büsche und wenige Bäume. Grade zur Zugzeit ist Mellum also ein guter Ort zum Birden und auch wenn wir keinen extrem seltenen Vogel gefunden haben, so konnten wir doch den ein oder anderen spannenden Nachweis erbringen, wie zum Beispiel Mellums (wohl) ersten Orpheusspötter.

Verpflegung kommt alle zwei Wochen auf die Insel. Ein kleines Boot "ankert" in einem Priel vor Mellum, das bedeutet dann jedes mal eine Stunde mit vollgepacktem Schlickwagen durchs Watt. Auf Mellum ist halt noch alles Handarbeit. Das Wasser wird per Hand gepumpt und die Wäsche ebenso gewaschen. Gewöhnungsbedürftig, aber nach einer gewissen Zeit wird man mit einem fast vergessenem Gefühl belohnt: Zeitlosigkeit. Die Welt scheint nur so groß zu sein, wie die kleine Insel. Auch das Internet schaut selten auf Mellum vorbei und wenn, dann nur langsam und kurz. So verbringt man den Tag mit der anstehenden Arbeit, wie der Kartierung der Brutvögel, den Strandkontrolle oder den Vogelzählungen.

Zu den Bemerkenswertesten Brutvögel der Insel gehören Sumpf- und Waldohreulen (Foto unten), Rohrweihe, Schwarzkopfmöwen und Deutschlands größte Löfflerkolonie mit zwischenzeitlich mehr als 600 Individuen.

Die Insel wurde im zweiten Weltkrieg von den Nazis für den Krieg genutzt. Noch heute hat die Insel einen historischen flair. Die Fundamente der FLAG-Stellungen, gesprengte Bunker und ein Strand voller Kriegsschrott sind ein beeindruckender, sowie unheimlicher Zeitzeuge.

Ornithologisch habe ich nicht die beste Zeit auf Mellum erwischt. Meine persönlichen Highlights waren ein Zwergschnäpper, ein jagender Ziegenmelker, ein paar Wespenbussarde und der schon erwähnte Orpheusspötter. 

Dabei kann Mellum noch viel mehr. Zwei deutsche Erstnachweise aus den letzten Jahren machen dies deutlich. Ein Middendorf-Laubsänger und ein Pazifiksegler wurden nur hier festgestellt. Dazu gesellen sich Heckensänger, Gelbschnabelsturmtaucher und viele weitere tolle Nachweise. 

Auch zum Fotografieren eignet sich Mellum bestens, da die meisten Vögel gut nahbar sind. Gute Beispiele sind Feldschwirl (oben Links) und Bachstelze (oben Rechts). Der Bereich im Inneren des Deiches ist recht klein und gut überschaubar, daher entgeht kaum ein Vogel den geübten Birder-Augen. Ein kleiner Teich mit Schilf- und Buscharealen bietet den passenden Lebensraum für die meisten Singvögel, dort hielten sich auch Zwergschnäpper und Oprheusspötter auf. Ebenso wie ein Paar Wasserrallen, verschiedene Rohrsänger und einige Stelzen, meist Baum- oder Wiesenpieper. Ein in der Dämmerung entdeckten Ziegenmelker (Bild unten) stellte mein persönliches Highlight dar. Wegen des schlechten Lichtes musste ich zur Not-ISO-Einstellung greifen. Bei 64.000 ISO entsteht kein schönes Bild mehr. Glücklich bin ich dennoch allemale. Mit dem Bild, sowie vier unvergesslich schönen und ruhigen Wochen auf Mellum.